Der Konfuzius aus Bockum-Hövel
Vor 13 Jahren verließ Thorsten Pattberg seine Heimat zum Studieren – Noch heute lebt er in Tokio
BOCKUM-HÖVEL ■ Bis er 18 Jahre alt war, wusste Thorsten Pattberg nicht einmal, was eine Universität eigentlich ist. 15 Jahre später war er Gastforscher in Harvard, der ältesten und renommiertesten Universität der USA. Die Elite-Uni war dabei nur eine Station von vielen. Seit 2001 studierte der Bockum-Höveler Sanskrit, Chinesisch und Philosophie im Ausland, vor allem in China und Japan.
Auf einer Klassenreise nach England wuchs in Pattberg der Wunsch, ins Ausland zu gehen, den er sich einige Jahre später auch verwirklichte. 2001 zog er zunächst nach Schottland, um in Edinburgh Philosophie und Psychologie zu studieren. Zwei Jahre später ging er nach China, in die Metropole Shanghai. „Ich habe festgestellt, dass einige der großen deutschen Philosophen viel über Asien geschrieben haben, selbst aber nie da waren”, sagt Pattberg. „Dabei bietet Asien so viel Neues und Unbekanntes im Bereich des Wissens und der Philosophie.”
An der Universität in Peking machte er als erster Deutscher seinen Doktor in Philosophie, hielt Vorträge in Iran, Japan und den USA. „Ich hatte dabei auch viel Glück”, sagt Pattberg. So habe er in Harvard und den Universitäten in Tokyo und Peking unter anderem bei bekannten Professoren seines Fachs studieren dürfen. Daran dachte sicherlich noch niemand, als Pattberg die Realschule in Bockum-Hövel besuchte. „Damals war es einfach so, dass man zur gleichen Schule ging, auf der schon die Eltern waren”, sagt der 37-Jahrige. Auch eine Lehre schien ihm und den Eltern, die selbst nie an der Universität waren, näher als ein Studium. Also machte Pattberg am Hammer Amtsgericht zunächst eine Ausbildung zum Justizfachangestellten.
Am Hansekolleg holte er schließlich das Abitur nach und verieß seine Heimatstadt. Wenn er jetzt nach Hause kommt, nennen seine Eltern ihn „Konfuzius aus Bockum-Hövel”. Doch seine Besuche sind selten, nur alle ein bis zwei Jahre ist er für etwa zehn Tage in Hamm. Dabei ist Pattberg immer wieder gerne hier: „Hier ist Platz, es gibt Gärten und Wälder.” In Chinas Megastädten mit mehr als 20 Millionen Einwohnern fehlt ihm das. Derzeit lebt Pattberg in Tokyo, gemeinsam mit seiner taiwanesischen Frau Yu-tien und der vierjährigen Tochter Annemarie. Dort forscht er zum Thema Deutungshoheit und Philosophie der Sprache.
Doch die Zukunft für sich und seine Familie sieht der Hammer ganz klar in Deutschland: „Ich würde gern nach Berlin gehen, doch als freischaffender Philosoph und Schriftsteller ist das schwer. In China kann ich publizieren, hier noch nicht.” Auch seine Tochter würde er lieber in Deutschland zur Schule schicken, denn freies und kreatives Lernen oder kritisches Denken ist im chinesischen Schulsystem nicht vorgesehen.
Nach vier Wochen Urlaub fliegt die Familie am Montag zurück nach Tokio. „Wir hatten eine tolle Zeit in Hamm, wir waren im Maxipark, im Tierpark und haben viel unternommen”, sagt Pattberg. „Jedes Mal, wenn ich zu Hause bin, gibt es etwas Neues zu sehen.” ■ fmh
Image: Thorsten Pattberg vor der Universitat in Peking. ■ Foto: pr
Article source: Westfälischer Anzeiger (WA), Tageszeitung aus Hamm, 29. August 2014
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